Dialog zu Co-Creation

Co-Creation 

Grundsätzliches

Co-Creation ist ein junger Innovationsansatz, der als Spielart des übergeordneten Open-Innovation-Ansatzes betrachtet werden kann. Open Innovation bezeichnet das Öffnen des Innovationsprozesses gegenüber unternehmensexternen Akteuren, und das Nutzen unternehmensexterner Ideen sowie interne und externe Marktzugänge zur Schaffung und Vermarktung von Innovation. Im Rahmen von Open Innovation beziehen Unternehmen Ideen und Informationen aus einem Netzwerk bestehend aus Kunden, Experten, Zulieferern, wissenschaftlichen Einrichtungen, Universitäten oder Mitbewerbern. Der Co-Creation-Ansatz hingegen dreht sich rein um den Austausch mit bisherigen oder potenziellen Kunden. Dabei werden die Kunden selbst aktiv und kreieren eigenständig neue Produktideen und Konzepte. Das Unternehmen unterstützt die Kunden hierbei durch verschiedene Werkzeuge und Methoden zum effizienten Transfer der Ideen zurück ins Unternehmen

Die Entwicklung, Bereitstellung und Begleitung dieser Werkzeuge und Methoden wird in der Regel von Intermediären übernommen, d.h. meist unternehmensunabhängige, branchenübergreifend agierende Organisationen oder Agenturen, die sich auf das Aufsetzen und Begleiten von Co-Creation-Projekten spezialisiert haben. So wurden in den letzen Jahren eine Reihe dieser Werkzeuge entwickelt, die sich jedoch immer den Prinzipien der folgenden drei am umfassendsten diskutierten Methoden zur aktiven Kundenintegration unterordnen lassen: Lead User Methode, Innovationswettbewerbe und Innovation Toolkits. Für diese drei Werkzeuge soll im Folgenden jeweils das Ziel, Vorgehen und die resultierende Ergebnisse erläutert werden.

 

Werkzeuge/Methoden

 

Toolkit

Ein neuerer Ansatz zur Integration von Nutzern in den Innovationsprozess bieten Innovation Toolkits (auch: Toolkits for Open Innovation, Cocreation Toolkits, Toolkits for User Innovation oder Co-Design). Toolkits ermöglichen Nutzern über meist internetbasierte Instrumente das Kreieren und Bewerten von Produktideen oder Konzepten und deren Transfer zum Anbieterunternehmen. Auf diese Weise wird ein Lernprozess bei Nutzern angestoßen, der ein experimentelles Vorgehen beschreibt und eine iterative Annäherung an die optimale Lösung ermöglicht, solange diese im gegebenen Lösungsraum erreicht werden kann. Der Lösungsraum ist hier jedoch eingeschränkt im Vergleich mit anderen CoCreation-Methoden, so dass sich Toolkits eher für spätere Phasen eines Innovationsvorhabens eignet.

Als Instrumente hierfür eignen sich beispielsweise Konfiguratoren, mit denen Produktmerkmale verschieden kombiniert werden können. Auch der Einsatz von interaktiven Entwicklungsumgebungen bietet sich an, wenn entsprechend viele Freiheitsgrade für das Kreieren von Lösungen durch den Nutzer vorgesehen sind. Dabei weisen Toolkits meist eine Feedback-Funktionalität auf, die dem Nutzer sofort die Konsequenzen von getätigten Änderungen aufzeigt. Diese Feedback- Funktionalität ermöglicht dem Nutzer das schrittweise Annähern an dessen Ideallösung nach dem Trial and Error-Prinzip. Neuerdings bieten Cocreation Toolkits Nutzern auch erste Möglichkeiten kollaborativ mit anderen Nutzern zusammenzuarbeiten und gemeinsam Produktideen oder Konzepte zu schaffen.

Neben der beschriebenen Toolkit-Variante existieren auch Varianten, die nicht der Generierung von Produktideen, sondern der Leistungsindividualisierung durch eine Produktkonfiguration dienen. Diese Toolkits zeichnen sich durch einen kleineren Lösungsraum und eine oft fehlende Feedback- Funktionalität aus.

Als Ergebnis liegen hier Lösungen in einer Form vor, die durch die Ausgestaltung des Toolkits bestimmt und durch den vom Unternehmen vorgesehen Lösungsraum begrenzt wird. Das kann die Umsetzung der resultierenden Lösungen durch das Unternehmen erheblich vereinfachen. Zusätzlich zu diesen Lösungsinformationen können Bedürfnisinformationen der Nutzer (z.B. hinsichtlich Design, Performance, Preis) mit Hilfe des Cocreation Toolkits übermittelt werden.

 

Leaduser

Die Lead User Methode ist in den achtziger Jahren von von Hippel mit dem Ziel entwickelt worden, durch die Integration von innovativen Nutzern in Innovationsvorhaben Marktunsicherheiten und Risiken zu reduzieren. Die Lead User Methode dient dabei der Entwicklung innovativer Ideen und Konzepte für Produkte oder Dienstleistungen in direkter Zusammenarbeit mit Nutzern,  was den „Fit“ zwischen der resultierenden Lösung und den vorhandenen Nutzerbedürfnissen erhöhen soll.

Dabei weist die Lead User Methode einen „prozesshaftem“ Ablauf und Umfang auf: Ein typisches Lead User Methode-Projekt dauert vier bis sechs Monate, ist in vier Arbeitsschritte gegliedert, wobei das Projekt mit der Definition eines Suchfeldes beginnt und mit der Fertigstellung eines Produkt- oder Dienstleistungskonzepts endet. Hierbei werden die ersten drei Schritte ohne Nutzer von dem Lead User -Team durchgeführt. Erst im letzten Schritt werden auch Nutzer involviert. Die vier Arbeitsschritte stellen wir im Folgenden kurz dar:

Schritt 1. Projektinitiierung. Der erste Arbeitsschritt dient dem Aufsetzen des Projekts und beinhaltet die Teambildung, die Formulierung des Projektziels sowie das Erörtern der zeitlichen und finanziellen Rahmenbedingungen. Zudem werden in dieser Phase Suchfelder und/oder Produktbereiche ausgewählt, die mit der Lead User Methode bearbeitet werden sollen.

Schritt 2. Trendanalyse. Die ausgewählten Produktbereiche werden nun auf aktuelle Trends hin untersucht. Hierzu werden verschiedene Ansätze und Werkzeuge genutzt: Analyse von Sekundärliteratur, Expertenintervies, Delphie-Studien oder die Szenarioanalyse.

Schritt 3. Identifikation von Lead Usern. Im dritten Schritt gilt es nun, Nutzer mit Lead User- Charakteristik zu identifizieren, welche die zuvor bestimmten Trends anführen oder verkörpern. Zu deren Identifizierung können verschiedene Ansätze genutzt werden. Häufig verwendete Verfahren sind die Suchtechniken “Screening” und“Pyramiding”. Andere Arbeiten diskutieren die Eignung virtueller Börsen als Methode der Selbstselektion.

Schritt 4. Konzeptdesign in Lead User Workshops. Die identifizierten Nutzer werden nun zu Innovationsworkshops eingeladen. Gemeinsam mit Mitarbeitern des auftraggebenden Unter- nehmens werden hier innovative Ideen oder Konzepte für Produkte oder Dienstleistungen entwickelt. Die Ergebnisse dieses Workshops sind ausschlaggebend für die Qualität und den Erfolg des Lead User-Projekts. In der Regel beträgt die Dauer eines solchen Innovationsworkshops einen halben bis zwei Tage, abhängig von der Komplexität des Problems. Der Workshop beginnt meist mit einem Briefing durch das Anbieterunternehmen, in dem der Produktbereich und das zu lösende Problem vorgestellt werden. Im Anschluss werden verschiedene Kreativitätstechniken genutzt, um in mehreren Runden Lösungen für das gegebene Problem zu erarbeiten.

Das Lead User-Projekt resultiert in einer Palette von Produkt- oder Dienstleistungskonzepten, die im Anschluss durch das Unternehmen dokumentiert und bewertet werden. Dabei können die generierten Lösungen bereits vom Nutzer evaluiert sein. In der Regel wird die Auswahl für die finale Lösung aber später anhand von Kriterien, wie dem Marktpotenzial oder dem Innovationsgrad, vom auftraggebenden Unternehmen getroffen.

 

Innovation Contest / Innovationswettbewerbe

Innovationswettbewerbe sind Aufrufe von Unternehmen oder Organisationen an Kunden, Nutzer oder Experten, innovative Produkt-/Dienstleistungsideen, Produktverbesserungsvorschläge oder Problemlösungsansätze für eine formulierte Problemstellung einzureichen.

Diese Aufrufe werden meist als web-basierte Wettbewerbe organisiert, in denen über einen festgelegten Zeitraum hinweg Innovatoren Lösungen einreichen, die dann von einem Gremium bewertet werden. Das Ziel eines Ideenwettbewerbs ist es, Kunden bzw. Nutzer in die frühen Phasen des Innovationsprozesses, die Ideengenerierung zu integrieren.

Die konkrete Ausgestaltung von Ideenwettbewerben kann vielfältige Formen annehmen. Noch existieren aber kaum konkrete Handlungsempfehlungen oder wissenschaftliche Untersuchungen hierzu. Bei der Gestaltung von Innovationswettbewerben sind im wesentlichen zwei Dimensionen zu beachten:

• Zielgruppe. Innovationswettbewerbe können als Aufrufe an eine breite Masse potenzieller Partizipanten organisiert werden oder aber sie richten sich an kleinere spezieller Teilnehmerkreise, oft auch Experten in problemrelevanten Bereichen, wie diese beispielsweise bei InnoCentive vorgesehen ist.

• Größe des Lösungsraumes. IW unterscheiden sich auch hinsichtlich der Offenheit des Lösungsraum, d.h. in der Anzahl der Freiheitsgrade, die Partizipanten bei der Entwicklung ihrer Lösungen haben. So stellt der IW Dell Idea Storm einen sehr großen Lösungsraum zu Verfügung; hier können frei von jeglichen Vorgaben Produktverbesserungsvorschläge eingereicht werden. Im Falle von IW, die durch den IW-Plattformbetreiber InnoCentive ausgerufen werden, handelt es sich immer um sehr spezifische, oft technische Probleme, die beispielsweise nur auf der Ebene der Mikrobiologie oder Molekularphysik gelöst werden können und daher einen eingeschränkteren Lösungsraum aufweisen.

Qualitäts-entscheidend für die Ergebnisse eines IW ist das Vorgehen hinsichtlich der Ideenbeurteilung. Hier ist vorrangig die Zusammenstellung des Gremiums, welches die eingereichten Lösungen bewertet und weiterverfolgenswerte Ideen auswählt, ausschlaggebend. In der Praxis wird das Vor- gehen dieser Gremien als noch weitgehend unsystematisch und willkürlich beschrieben. Bereits existierende Bewertungsmethoden, z.B. aus dem Bereich der Kreativitätsforschung halten nur langsam Einzug in diese Ausschüsse.

Untersuchungen zeigen jedoch, dass die Bewertung von Ideen nur anhand der Dimension Kreativität zu kurz greift. So gilt es, auch die Dimensionen NeuheitsgradAngemessenheit und Umsetzungsfähigkeit zur Ideenbewertung heranzuziehen, was sich jedoch in der Praxis, insbesondere bei einer großen Anzahl an Ideen noch als schwierig erweist. Die Bewertung von durch IW generierten Ideen gilt daher als spannendes, aber am Anfang stehendes Forschungsfeld.

Das Einsatzspektrum eines Ideenwettbewerbs ist sehr breit, was auch die Diversität der zu erwartenden Ergebnisse verursacht. Das Spektrum reicht dabei von Lösungsansätzen sehr spezifischer, oft technischer Problemstellungen (z.B. InnoCentive) bis zu einfachen Verbesserungsvorschlägen für bestehende Produkte (z.b. Dell IdeaStorm).

 

Weitere Werkzeuge /Methoden

Neben den genannten drei originären CC-Methoden gewinnen in der Praxis die Methoden Netnography  und Communities für Open Innovation an Bedeutung, die von Intermediären innerhalb von OI-Projekten eingesetzt werden:

Netnography ist eine erstmals von Robert Kozinets beschriebene vierstufige Methode zur Erforschung des Konsumentenverhaltens im Internet. Mit Hilfe ethnographischer Methoden werden hier Kundenbedürfnisse oder ganze Produktkonzepte aus virtuellen Diskussionsforen gefiltert. Kunden beteiligen sich hierbei nicht aktiv. Vielmehr werden hier Kundenaussagen zu Bedürfnissen und Lösungen gesammelt, was dem Kunden eine passive Rolle zuteil werden lässt.

Communities für Open Innovation wird in OI-Projekten in zwei verschiedenen Varianten genutzt: So können zum einen existierende virtuelle Gemeinschaften beobachtet und Beiträge der einzelnen Mitglieder auf Ideen für den Innovationsprozess ausgewertet werden (Auswertung existierender Gemeinschaften). Zum anderen können Unternehmen von sich aus eine virtuelle Gemeinschaft etablieren und hier Innovationsaufgaben an diese virtuelle Gemeinschaft zu richten, deren Mitglieder dann gemeinsam an Lösungen für die entsprechende Problemstellung arbeiten. (Etablierung virtueller Innovationsgemeinschaften).